„EIN AUSSENSEITER ZU SEIN IST MEINE SUPERKRAFT“

BODYJAM Rockstar Meno Thomas erzählt von seinem inspirierenden Werdegang, und wie er es geschafft hat, zu seiner Wahrheit zu stehen.

Sarah Shortt: Hallo Meno! Erzähl uns doch, wie es dazu kam, dass du Gruppenfitness-Instruktor geworden bist.

Meno Thomas: Eigentlich wollte ich nie Instruktor werden und das liegt wahrscheinlich daran, dass ich schon von klein auf mit der Fitnessbranche in Berührung kam. Meine Mutter [Mid Thomas, Masterclass Presenterin für BODYATTACK und BODYPUMP] unterrichtete immer Classes im LES MILLS Studio in Auckland City, und meine Zwillingsschwester und ich durften bei allen Instruktoren-Events mithelfen, also hat mich das zunächst abgeschreckt.

Fitness hat in meinem Leben schon immer eine große Rolle gespielt. Mein Vater war Rugbyspieler im PŌNEKE Football Club, und meine Mutter ist schon seit vielen Jahren bei LES MILLS aktiv. Sie haben sogar im Fitnessstudio geheiratet! Sie sind beide Sportler; ihr Leben besteht aus essen, arbeiten und trainieren. Es war ihnen immer wichtig, dass meine Schwester und ich Sport treiben und deswegen war ich in den besten Teams beim Netzball, Volleyball und Rugby.

Irgendwann beschloss ich, mit dem Sport aufzuhören, weil ich einfach keine Leidenschaft dafür hatte und meine Mutter sagte: „Okay, du musst keinen Sport machen, aber du musst irgendetwas tun.“ Zu der Zeit war sie Studioleiterin bei LES MILLS Hutt City und ich ging zu einem BODYJAM Workshop, einfach so zum Spaß. Ich war in der letzten Reihe und machte einfach mein Ding und wurde von einem wunderbaren Instruktor namens Sheree Marsh angesprochen. Sie ist dort so etwas wie eine Legende und sagte meiner Mutter, dass ich unbedingt unterrichten sollte. Damals war ich 15.

Was mich an BODYJAM reizte, war wohl, dass es mit meiner Leidenschaft für Musik matchte. In der Highschool habe ich immer Musik gemacht, Gitarre gespielt und gesungen, und ich liebe die musikalische Reise von BODYJAM – all die verschiedenen Genres in Kombination mit den vielseitigen Moves. Das Programm ist einfach großartig und es fühlte sich für mich richtig an. Eine richtige Tanzausbildung habe ich allerdings nie absolviert. Obwohl ich schon immer tanzen wollte, hatte ich zu viel Angst, den Fuß in die Tür zu setzen, doch BODYJAM hat mir diese Tür geöffnet.

Nachdem ich ein paar Jahre lang BODYJAM gemacht hatte, begann ich, andere Classes zu besuchen. Ich fand eine tolle Community namens „More Than Moves“, in der es darum geht, Vielfalt zu feiern, die Gemeinschaft leben und einfach eine Gruppe von Gleichgesinnten in einem Raum zusammenzubringen, die Spaß an Musik und Bewegung haben.

In so jungen Jahren Gruppenfitness zu unterrichten, hat mir wirklich geholfen, mein Selbstvertrauen zu stärken, vor allem, als ich meine Transgender-Phase durchlebte. Es hat mir sehr geholfen, nicht nur beim Unterrichten, sondern auch dabei, zu dem zu stehen, was ich heute bin. Durch das Unterrichten konnte ich herauszufinden, wer ich wirklich bin.

15 ist ziemlich jung, um mit dem Unterrichten anzufangen! Hat dir das in anderen Bereichen deines Lebens geholfen?

Ich war schon immer eine laute Person, aber wenn es darum ging, neue Leute zu kennenzulernen, war ich eher zurückhaltend. Ich wusste nicht so recht, was ich sagen sollte. In so jungen Jahren Gruppenfitness zu unterrichten, hat mir wirklich geholfen, mein Selbstvertrauen zu stärken, vor allem, als ich meine Transgender-Phase durchlebte. Es hat mir sehr geholfen, nicht nur beim Unterrichten, sondern auch dabei, zu dem zu stehen, was ich heute bin. Durch das Unterrichten konnte ich herauszufinden, wer ich wirklich bin.

Kannst du ein wenig von deiner Reise als Transperson erzählen?

Ich habe mich schon sehr früh geoutet. Ich wusste schon immer, dass ich mich von meiner Zwillingsschwester unterscheide, denn ich war ein ziemlicher Wildfang, als ich aufwuchs. Und ich fragte mich: Warum? Warum bin ich so anders als meine Schwester? Sie war ein sehr mädchenhaftes Mädchen, das sich gerne schminkte und verkleidete und so weiter. Das war ich auch, aber ich habe meinen Vater immer bewundert – wie er aussah und wie er sich kleidete.

Ich weiß noch, wie ich im Kindergarten war und mich einfach nicht wohl dabei fühlte, ein Kleid zu tragen und weinte, weil ich da raus wollte. Meine Schwester sagte: „Finde dich damit ab, du siehst hübsch aus.“ Aber ich wollte nicht hübsch aussehen.

Im Alter von 12 Jahren informierte ich mich ein wenig und fragte meine Mutter: „Was bedeutet das?“ Wir hatten ein tolles Gespräch darüber und ein paar Jahre später habe ich mich dann geoutet. Als ich mich geoutet und den Leuten gesagt habe, wer ich wirklich bin, fing alles an, einen Sinn zu ergeben. Ich verstand, warum ich mich so anders fühlte als meine Freundinnen, und warum ich so gerne mit Jungs abhängen wollte. Als ich herausfand, was Transgender bedeutet, machte es absolut Sinn, warum ich mich seit meinem dritten Lebensjahr so fühlte.

Ich komme aus einer polynesischen Familie. Mein Vater ist Samoaner und meine Mutter ist Maori und Schottin. Als ich mich vor meiner ganzen Familie und meinen engen Freunden outete, waren alle für mich da. Sie sagten einfach: „Wir wussten es zwar schon, aber wir sind stolz auf dich, dass du dich geoutet hast.“ Ich hatte etwas Angst, es meiner Oma und meinem Vater zu sagen, weil sie sehr religiös sind und ich nicht wusste, wie sie reagieren würden, aber sie haben mich sehr unterstützt. Sie sagten: „Solange du glücklich bist, beten wir nur, dass du Liebe und Glück findest.“ Sie sind unglaublich.

WIE WAR ES IN DER SCHULE?

Ich ging auf ein College nur für Mädchen. Es war eine katholische Schule, also ziemlich religiös, aber als ich mich geoutet habe, wollte ich nicht gehen, weil ich meine Schwester beschützen wollte.

Ich bin der ältere Zwilling, zwei Minuten und 30 Sekunden, und deshalb möchte ich immer auf sie aufpassen. Weißt du, wenn man in einer polynesischen Familie aufwächst, ist man dafür verantwortlich, seine jüngeren Geschwister zu beschützen. Wenn ein jüngeres Geschwisterkind etwas anstellt, bist du derjenige, der in Schwierigkeiten steckt – nicht sie, denn du hättest auf sie aufpassen müssen. So ist das nun mal. Ich wollte meine Schwester nicht in der Schule zurücklassen, aber ich liebte auch meine Musiklehrer und den Musikunterricht, und ich hatte dort tolle Freunde.

An dieser Schule war ich wirklich gut aufgehoben, und alle gaben mir immer ein gutes Gefühl. Ich fühlte mich bereits sehr wohl und stand zu mir selbst. Ich hatte ein großartiges Umfeld, was wirklich etwas Besonderes war, denn ich hatte mir bereits die Haare geschnitten und sie blond gefärbt. Ich wurde bereits Justin Bieber genannt, was ich auch heute noch manchmal höre.

Nachdem ich das College verlassen hatte, entdeckte ich die Welt des Deejayings, wo ich mich noch mehr finden konnte. In gewisser Weise ist das Deejaying Gruppenfitness ziemlich ähnlich, denn bei beiden geht es darum, eine Atmosphäre und ein Umfeld zu schaffen, das die Leute antreibt. Beides gibt mir das Hochgefühl, das entsteht, wenn ich Menschen glücklich mache.

Ich habe das Glück, dass Wellington eine ziemlich diverse Stadt ist. Weißt du, es war nicht so, dass ich der „Ausgestoßene“ war, obwohl ich durchaus weiß, wie es ist, ein Außenseiter zu sein. Meine enge Freundin Daphne Seyb, der More Than Moves gehört, sagte zu mir: „Anders zu sein, ist deine Superkraft, denn du bist einzigartig und anders als alle anderen in dieser Gesellschaft. Je mehr du dich darauf einlässt, desto größer ist deine Macht.“

Du bist gerade von Wellington nach Auckland gezogen. Was war der Grund?

Für mich geht es vor allem darum, etwas zu wagen. Es ist eine große Sache für mich, weil ich meiner Familie sehr nahestehe und noch nie von ihr weggezogen bin. Aber ich liebe es, etwas zu lernen, und hier oben gibt es so viele Möglichkeiten, mich sowohl als DJ als auch im Bereich Gruppenfitness weiterzuentwickeln. Ich dachte mir, ich muss es einfach mal probieren.

Früher habe ich mich nicht getraut, aber meine Mutter war diejenige, die mir sagte: „Du kannst scheitern, aber versuche es wenigstens, denn du weißt nie, wie es ausgeht.“ Einmal, in der High School, wollte ich nicht zu meinen Prüfungen gehen. Ich hatte nicht gelernt, hatte sie nicht ernst genommen und wollte nicht hingehen, weil ich sicher war, dass ich durchfallen würde. Meine Mutter und ich hatten einen heftigen Streit und dann setzte sie mich vor der Schule ab und sagte: „Du gehst jetzt da rein und gibst dein Bestes mit dem, was du weißt. Du wirst es wenigsten versuchen.“ Und weißt du was? Ich habe bestanden! In diesem Moment hat es bei mir einfach Klick gemacht.

Tatsächlich habe ich eine Lernbehinderung. Meine Schwester und ich wurden mit 27 Wochen geboren – 13 Wochen zu früh. Mein Vater konnte uns mit einer Hand halten. Am Anfang waren wir in einem Inkubator auf der Intensivstation und ich bekam zusätzlichen Sauerstoff. Sauerstoff ist zwar gut für die Muskeln, kann aber das Gehirn schädigen. Meine Behinderung nennt sich Dyspraxie, was bedeutet, dass meine linke und rechte Gehirnhälfte nicht gut miteinander kommunizieren; die Ärzte sagten, dass ich einfach länger brauche, um neue Dinge zu verarbeiten und zu lernen.

Als es dann zu dieser Prüfung kam, sagte meine Mutter, dass du es einfach versuchen musst und es immer wieder versuchen musst, bis du es richtig machst. Ich bin immer sehr offen mit meiner Behinderung umgegangen, denn sie ist nichts, wofür man sich schämen muss. Sie ist, wie sie ist, und ich habe einfach gelernt, damit zu leben. Ich weiß jetzt, wie ich lerne. Ich muss Dinge einfach häufig wiederholen, und irgendwann sitzt das Gelernte.

Gruppenfitness zu unterrichten ist nicht nur eine Möglichkeit, sich körperlich gut und gesund zu fühlen, sondern es ist auch großartig für meinen Lernprozess. Ich lerne, indem ich etwas tue, indem ich das Timing übe oder mir die Musik immer wieder anhöre. Ich kann nicht lernen, indem ich nur die Choreografie-Notizen lese. Das Ausprobieren ist also mein Schlüssel zum Erfolg. Wenn ich doch mal versage, dann ist das eben so, aber ich gebe mir immer die größte Mühe. So lerne ich und komme immer weiter voran.

„Ich weiß, wie es ist, ein Außenseiter zu sein. Eine Freundin sagte mir mal: „Anders zu sein, ist deine Superkraft, denn du bist einzigartig und anders als alle anderen in dieser Gesellschaft. Je mehr du dich darauf einlässt, desto größer ist deine Macht.“

Im Bereich Gruppenfitness kann mitunter ein harter Konkurrenzkampf herrschen, besonders hier in Auckland. Wie kommst du mit dieser Seite der Branche zurecht?

Ich bin kein wettbewerbsorientierter Mensch. Ich mag keine Wettkämpfe, denn ich helfe gerne Menschen. Ich habe allerdings eine Erfahrung gemacht, die mich sehr überrascht hat:

Als ich meinen allerersten BODYJAM Workshop in Wellington gab, war ich 17 Jahre alt und unterrichtete zusammen mit Nicky Lord, der schon in vielen Masterclass-Videos zu sehen war. Kurz bevor wir anfangen wollten, kam eine Person auf mich zu und sagte: „Der einzige Grund, warum du da oben stehst, ist deine Mum.“

Zuerst war ich ein bisschen verärgert, aber dann dachte ich mir: „Weißt du was? Das ist ihre Meinung. Und das ist in Ordnung. Ich verstehe das.“ Diese Person hat vielleicht ihr ganzes Leben lang gearbeitet, um dorthin zu kommen, wo ich war und wird vielleicht nie diese Chance bekommen. Ich bin wirklich stolz darauf, wie ich mit dieser Situation umgegangen bin.

Deine Geschichte ist sehr inspirierend! Was hat dich dazu bewogen, sie mit der gesamten LES MILLS Familie zu teilen?

Je mehr ich anfing zu akzeptieren, wer ich bin, desto wohler fühlte ich mich mit mir selbst. Ich habe eine ziemlich coole Reise hinter mir, und sie ist noch lange nicht vorbei. Ich freue mich, wenn ich denjenigen, die ähnliche Zeiten durchmachen und vielleicht nicht die Unterstützung haben wie ich, Hoffnung geben kann.

Bevor ich mich geoutet habe, habe ich mich immer unwohl und unsicher gefühlt. Ich würde nicht sagen, dass es schwer war, aber es war verwirrend. Als wir einen Namen dafür fanden, war es, als hätten wir den Nagel auf den Kopf getroffen. Plötzlich ergab alles Sinn.

Ich habe meine Leidenschaft für Gruppenfitness entdeckt und dafür, Menschen zu helfen, sich selbst gut zu fühlen. Ich liebe es, Masterclasses und Quarterly Workshops zu geben, aber am Ende des Tages möchte ich einfach nur den Menschen helfen, die durch die Tür des Kursraums kommen. Für mich geht es darum, dass die Leute sich gut fühlen und mit einem großartigen Gefühl nach Hause gehen. Man weiß nie, was die Leute durchmachen, und wenn ich ihnen 55 Minuten lang ein wenig Licht spenden kann, ist das ein Bonus.

Ich bin mit einer unglaublichen Familie gesegnet, die über alles redet. Kommunikation ist das A und O in unserem Haushalt. Meine Freunde sagen immer: „Deine Familie ist so cool, wir fühlen uns bei dir wie zu Hause.“ Und genau diese Stimmung möchte ich auch in meine Classes bringen. Ich möchte, dass sich alle wohl fühlen und so sein können, wie sie sind.

Ich habe Mitgefühl für die Leute, die vielleicht etwas Gemeines über mich sagen wollen - dass ich nicht gut genug oder nicht stark genug bin. Vielleicht bin ich nicht groß genug oder nicht männlich genug. Aber ich sehe das so: Ich bin hier, um mein Bestes zu geben. Und wenn du das nicht akzeptierst, ist das okay. Aber ich werde weiterhin mein Bestes geben. Und wenn du dich entscheidest, dass du nicht mit mir reisen willst, dann ist das auch okay, dann setze ich dich einfach an der nächsten Station ab.

Meno Thomas ist BODYJAM Trainer/Presenter/Instruktor und BODYCOMBAT Presenter/Instruktor. Er ist ein selbständiger DJ und lebt in Auckland.